Ich schrie zu Gott, und der Herr rettete mich. Abends und morgens und mittags werde ich erzählen und verkünden, und er wird meine Stimme erhören. Er wird meine Seele erlösen von denen, die mir nahen, denn in großer Zahl waren sie mit mir. Erhören wird (mich) Gott und wird sie erniedrigen, er der schon vor den Ewigkeiten da war. Diapsalma. Auch wenn ich, sagt er, als ich in meinem prophetischen Geist die Gesetzlosigkeit, die in der besagten Stadt geschehen soll, vorhergesehen habe, in meinem Nachdenken äußerst betrübt wurde und erschrak, so weiß ich doch genau, da ich nun auch den Ausgang der Ereignisse erkenne, dass ich Hilfe von Gott erhalten und nicht zurückgelassen, sondern Rettung finden werde, weil sich die Gnade des gemeinsamen Heilands auch bis zu mir erstrecken wird. Nach der Übersetzung der Siebzig spricht der Prophet von diesem Ereignis, obzwar es in der Zukunft eintreffen wird, doch als Vergangenheit. Daher heißt es: Ich schrie zu Gott, und der Herr rettete mich. Nach den anderen Übersetzern hat er dies jedoch als zukünftiges Ereignis prophezeit. So sagt Aquila: Ich werde zu Gott schreien, und der Herr wird mich retten. Und Theodotion: Ich aber werde zu Gott geschrieen haben, und der Herr wird mich retten. Weil nämlich die Freveltaten gegen den Heiland so furchtbar sein würden, sprach ich den früheren Vers: Mein Herz erschrak in mir und Todesangst fiel über mich, Furcht und Zittern kamen über mich, und mich bedeckte Finsternis. Als ich dies durch den Anblick der mir enthüllten Dinge erlitt, schrie ich zu Gott . Der aber übersah mich nicht, sondern würdigte mich dessen, mir klar vorzuführen, genau wie er zuvor die traurigen Dinge mir gezeigt hatte, so auch die strahlenden, damit meine ich die Auferstehung des Heilands und seine Herrlichkeit beim Vater. Und als ich dies sah, wurde ich gerettet, daher sage ich: Ich schrie zu Gott, und der Herr rettete mich. Nachdem ich aber gerettet wurde, bin ich nicht still und kann keine Ruhe mehr bewahren, sondern ich verkünde und bringe allen Menschen die frohe Botschaft, indem ich jeden Tag und zu jeder Zeit erzähle und allen verkünde , welch wunderbare und erstaunliche Dinge ich im heiligen prophetischen Geist geschaut habe. Daher sage ich: Abends und morgens und mittags werde ich erzählen und verkünden. Wenn ich dies allen zurufe, von da an und bis zum Abend und genau beim höchsten Licht des mittäglichen Tages die heilbringenden Enddinge verkünde, wird er meine Stimme hören , er, der mich dieser Erkenntnis für würdig befunden hat. Und er wird nicht mehr zulassen, dass mein Herz in mir erschrickt , noch dass Todesangst über mich fällt. Indem er mir aber dies alles zeigt und meine Seele damit ergötzt, wird er sie erlösen in Frieden von den Dingen, die sie ängstigen wollen. Daher sage ich: Er wird meine Seele in Frieden erlösen vor denen, die sich mir nahen, denn in großer Zahl waren sie mit mir. Anstelle dessen hat Symmachos übersetzt: Als überaus viele waren sie nämlich gegen mich. Denn die meine Seele ängstigen wollten, waren nicht wenige; diese wird Gott, der vor den Ewigkeiten besteht , erniedrigen, weil er mein Schreien erhört. Dies nun (soll gelten unter der Voraussetzung), dass der Prophet aus seinem eigenen Prosopon die vorliegenden Verse vorträgt; wenn es jedoch durch den prophetischen Geist aus dem (Prosopon) des Heilands selbst gesprochen sein sollte, oder wenn doch zumindest den Vers: Wenn ein Feind mich geschmäht hätte, hätte ich es ertragen und so weiter, aus ihm gesprochen wurde, so möchte der Heiland wohl folgerichtig auch folgendes sagen: Nicht der Feind, sondern der Freund, und nicht einer, der hasste, sondern einer, der kurz zuvor noch liebte, hat dies gegen mich gefrevelt. Ich jedoch habe nichts weiter getan, als dass ich zu Gott rief (selbstverständlich [sagt Christus dies] nach menschlicher Art) und in ihm gewissermaßen einen Vater hatte, der mich erhört. Und weiterhin haben sie mir nachgestellt, er aber hat mich gerettet. Daher werde ich nicht aufhören, abends und morgens und mittags allen die Güte des Vaters mitzuteilen und wohlvernehmbar allen Menschen das heilbringende Evangelium zu verkünden. Wenn dann dabei der Vater meine Stimme vernimmt, wird er in Frieden meine Seele erlösen vor denen, die mir nahe waren , das heißt vor denen, die mich aus der Nähe und nicht von fern bekämpfen (oder auch vor den Juden, die ihm nahe waren und mit ihm waren beim Studium und bei der Beachtung der Schriften und bei der Anerkennung des Gesetzes). Diese waren überaus viele, welche Gott, der vor den Ewigkeiten besteht , erniedrigen wird. Denn die günstige Lage, in der sie für kurze Zeit sind, aufgrund derer sie sich grosstun und ihre Stadt mit Gesetzlosigkeit und Anfeindung anfüllen, wird ihnen nicht bleiben. In einem Maße wie nie zuvor werden sie erniedrigt werden, wenn sich der Zorn Gottes über sie und ihre Stadt ergießt, sodass sogar der weithin bekannte Tempel in ihr zerstört werden wird und der gesamte vollendete Tempeldienst darin abgebrochen wird. So sehr also wird Gott , wenn er meinen Ruf hört, sie erniedrigen . Denn für sie gibt es kein Lösegeld, und sie hatten keine Ehrfurcht vor Gott. Er streckte seine Hand aus um zu geben; sie haben seinen Bund entweiht. Sie wurden zerstreut vom Zorn seines Angesichts, und sein Herz nahte sich; seine Worte wurden weicher als Öl, und doch sind sie Geschosse. Gott, der seit Ewigkeiten besteht , wird die zuvor genannten Gottlosen erniedrigen . Sie aber werden erniedrigt sein und auch die längste Zeit solche bleiben, weil niemand dasein wird, der für sie Auslösung geben wird. Denn ein für alle Male hat der Sohn Gottes sich selbst als Lösegeld und Auslösung für die Sünder hingegeben. Die einen hat er zum Leben losgekauft, weil sie an ihn glaubten, und hat sie von allen früheren Sünden befreit. Die anderen hat er in ihrer Erniedrigung gelassen, weil sie des für sie gezahlten Preises nicht würdig waren, weil sie nicht an das kostbare Blut des Erlösers und Heilands aller Menschen glaubten. Daher heißt es: Denn für sie gibt es keine Auslösung. Aus welchem Grund es für sie keine Auslösung gibt , erklärt er anschließend mit den Worten: Weil sie keine Ehrfurcht hatten vor Gott . Denn er wollte aus seiner Güte heraus, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen und streckte seine heilbringende Hand aus , um auch ihnen Anteil zu geben an seinen Gütern. Sie aber nahmen nicht an, was ihnen von der rechten Hand Gottes hingehalten wurde, sondern entweihten seinen Bund , indem sie das neue evangelische Gesetz wegstießen oder auch das alte, welches sie hatten und zu halten meinten. Daher heißt es nach Symmachos: Er streckte seine Hand aus zu denen, die mit ihm Frieden hielten, sie übertraten den Vertrag.“ Und nach Aquila: Er schickte seine Hand aus zu denen die friedlich ihm gegenüber sind. Er nämlich streckte ihnen seine friedvolle Rechte entgegen, nämlich denen gegenüber, die kamen, um den Frieden von ihm zu empfangen. Sie aber übertraten seinen Bund, indem sie den ihnen angebotenen Frieden nicht annahmen. Darum, weil sie den Krieg gegen den Frieden eingetauscht haben, wurden sie vom Zorn seines Angesichts zerstreut. Weil sie nämlich die Gnade nicht angenommen haben, wurden sie folglich dem Zorn ausgeliefert, gründlich zerschlagen und weit unter alle Nationen versprengt und verstreut. Anstelle von: Und sein Herz nahte sich. Seine Worte sind weicher als Öl, und doch sind sie Geschosse, übersetzt Symmachos deutlicher mit den Worten: Glatter als Butter sind ihre Münder, doch führt das Herz eines jeden von ihnen Krieg. Seine Worte sind weicher als Öl, aber sie sind schneidend scharf. Sieh nur, wie auch hier die Rede zwei Gruppen nebeneinander stellt: zum einen das Gedränge einer großen Schar, über die er im Plural sagt: Glatter als Butter sind ihre Münder, und doch führt das Herz eines jeden von ihnen Krieg, zum anderen aber, als würde es sich nur um einen einzigen handeln, über den er im speziellen hinzufügt: Weicher sind seine Worte, aber sie sind schneidend scharf. Hier finden sich also die zwei Gruppen wieder, welche zuvor dargestellt wurden, nämlich die der Einwohner der Stadt, von denen es heißt: Denn ich sah Gesetzlosigkeit und Anfeindung in der Stadt, und die des Verräters, von dem die Rede war: Denn wenn ein Feind mich geschmäht hätte, hätte ich es ertragen. Und auch hier also, weil sie dem Heiland mit Scheinheiligkeit und Schmeichelei begegneten, die Führer des jüdischen Volkes, und ihn Lehrer nennen, jedoch nicht mit reinem Herzen, und dann wieder zu ihm sagen: Wir wissen, dass du wahrhaftig bist und das Wort Gottes in Wahrheit lehrst und dich um niemand kümmerst, denn du siehst nicht auf die Person des Menschen , daher heißt es hier ganz angemessen über sie: Glatter als Butter sind ihre Münder, und doch führt das Herz eines jeden von ihnen Krieg. Im Speziellen jedoch wird über den Verräter, weil der ihn Rabbi und Lehrer nennt und die Zeichen der freundlichen Gesinnung und Zuneigung vorführt, als er den Verrat begeht, in angemessener Weise gesagt: Weicher als Öl sind seine Worte, und doch sind sie schneidend scharf. Oder, nach den Siebzig: Seine Worte sind weicher als Öl, und doch sind sie Geschosse. Wirf deine Sorge auf den Herrn, und der wird dich ernähren, er wird bis in die Ewigkeit kein Wanken zulassen für den Gerechten. Du aber, Gott, wirst sie hinabführen in den Brunnen des Verderbens. Männer des Blutes und des Betrugs werden ihre Tage nicht einmal zur Hälfte erleben. Ich aber werde auf dich hoffen. Die mit Täuschung und Scheinheiligkeit ihre Worte zwar nach außen hin geschmeidig machten, sie im Innern jedoch schärfer als Geschosse schliffen, aber auch er selbst, welcher der Verräter des Heilands wurde, – welches Ende sie finden werden, ist hier erklärt. Du aber , der du dies gehört hast und zur Einsicht gekommen bist angesichts des Endes der zuvor Genannten, und der du dich ganz dem prophezeiten Heiland hingibst, fass Mut und wirf deine Bedenken auf ihn, wie du es im Neuen Testament gelernt hast, mittels dessen der Heiland selbst belehrt, mit den Worten: Sorgt euch nicht, was ihr essen, noch was ihr trinken sollt. Und: Verschafft euch nicht Gold noch Silber noch Kupfer in eure Gürtel. Indem du nun dies beherzigst, wirf auf den Herrn deine Sorge, und der wird dich ernähren, das heißt er wird dir das tägliche Brot geben und die himmlische Nahrung, und er wird auch zur Verfügung stellen, was für das Leben notwendig ist. Denn zu dem hinzu kündigt er auch an: Euer himmlischer Vater weiß nämlich, wessen ihr bedürft, noch bevor ihr ihn um etwas bittet. Auf diese Weise aber wird er dich ernähren wie jeden Gerechten; denn niemals hat er auch nur einen der Gerechten im Stich gelassen, so dass er ins Wanken geriete und wankte und fiel. Daher heißt es im Anschluss: Er wird bis in die Ewigkeit kein Wanken zulassen für den Gerechten. Oder nach Symmachos: Er wird in Ewigkeit den Gerechten nicht ausliefern, eingesperrt zu werden. Daher wird an anderer Stelle gesagt: Ich war jung und nun bin ich alt geworden, und niemals sah ich einen Gerechten verlassen noch ihre Nachkommen um Brot betteln. Nachdem er dies gesagt hat, fügt er im folgenden über die, die dem Heiland nachstellen, den Vers hinzu: Du aber, Gott, wirst sie hinabführen in den Brunnen des Verderbens. Oder nach Symmachos: Du aber, Gott, hast sie hinabgebracht in die Grube des Verderbens. Über diese Grube ist vieles schon in anderen Versen gesagt, wie etwa in diesem: Beharrlich habe ich auf den Herrn geharrt, und er hat sich mir zugeneigt. Und er hat mich heraufgeholt aus der Grube des Elends und aus dem Schlamm des Lehms. Und wiederum: Dass du dich nicht schweigend von mir abwendest, und ich denen gleich werde, die in die Grube hinabfahren. Und auch: Herr, du hast meine Seele aus dem Hades herausgeführt, du hast mich gerettet aus denen, die in die Grube hinabsteigen. Der Gerechte jedenfalls wird gerettet, so dass er nicht in der besagten Grube festgehalten wird, die Gottlosen dagegen werden durch Gott zu Fall gebracht und dorthin hinabgebracht, in das Land, das ihnen angemessen ist. Grube des Elends aber und Schlamm des Lehms und Brunnen des Verderbens pflegt die Rede den Ort des Todes zu nennen, an welchen nach Art von Wassern, die von oben nach unten in die Gruben hinabfallen, die Seelen der Gottlosen geworfen werden. Weil er doch schon in den vorherigen Versen die Mörder unseres Heilands beschrieben hat, sagt er folgerichtig auch jetzt über sie: Männer des Blutes und des Betruges werden ihre Tage nicht einmal zur Hälfte erleben. Oder nach Symmachos: Durch Mord Befleckte und Betrüger werden ihre Tage nicht zur Hälfte erleben. Oder nach Aquila: Männer des Blutes und der Nachstellung werden ihre Tage nicht zur Hälfte erleben. Du wirst aber einsehen, wie sich auch diese Dinge erfüllten, wenn du bedenkst, dass augenblicklich, und nicht einmal auch nur kurze Zeit nach dem Anschlag auf unseren Heiland, das ganze Geschlecht der zuvor Genannten von Grund auf dem Verderben preisgegeben wurde, als über sie der Zorn kam mit der Belagerung, in der sie im Römischen Krieg gefangen gehalten wurden. Soweit es darum geht, was das hiesige Leben und das sterbliche Leben der Menschen betrifft, so erlebten sie nicht einmal die Hälfte ihrer Tage , da sie, die Männer des Blutes und des Betrugs , einem solchen Verderben ausgeliefert wurden; was sie aber nach ihrem hiesigen Ende erwartete, wird vorhergesagt in dem Vers: Du aber, Gott, wirst sie hinabführen in den Brunnen des Verderbens. Das also werden jene erfahren. Ich aber will hoffen auf dich. Dies verkündet entweder der Prophet, oder auch der durch das Prophetenwort Angekündigte selbst.