Versenke, Herr, und zerteile ihre Zungen, denn ich sah Unrecht und Anfeindung in der Stadt. Tag und Nacht wird er sie umkreisen auf ihrer Mauer, und Unrecht und Wehklagen sind in ihrer Mitte. Ungerechtigkeit ist in ihrer Mitte, und nicht weicht aus ihren Straßen Wucher und Betrug. Den Grund, aus dem er darum betete, Flügel zu erhalten, um zu fliegen und zu entfliehen und es vorzuziehen, lieber in der Wüste zu wohnen, als in der beschriebenen Stadt , gibt er durch die vorliegenden Verse an, indem er sagt: Wenn ich dies und jenes aus dem Vorgesicht des prophetischen Geistes gesehen habe, dass es in der Stadt getan werden wird, habe ich schon um dessentwillen beschlossen, dieses Maß an Übel zu fliehen. Als die erste Gottlosigkeit der zukünftigen Einwohner der zuvor beschriebenen Stadt sehe ich das, was von ihren Zungen kommt. Denn alle haben im Schlechten ihre Zungen geschärft, um zusammenzustimmen gegen den Sohn Gottes. Deshalb, weil ich ihre Schlechtigkeit und ihren gottlosen Zusammenklang nicht ertrage, bete ich mit den Worten: Oh Herr, versenke und zerteile ihre Zungen , oder nach Symmachos: Mach versinken, Herrscher, und mache zum Nicht-Zusammenklang ihre Zunge. Denn viel besserer als der niederträchtige Zusammenklang möchte der Nicht-Zusammenklang sein, weil er nur schwächeres und kraftloseres Übel bewirken könnte. Dies also war ihr erstes Übel. Auch die Vorsteher des Volkes nämlich, die Gesetzeslehrer, Hohepriester und anderen Anführer des Volkes, traten voll List an ihn heran und erdreisteten sich, ihm den Prozess zu machen, wobei sie ihn wild ergriffen und Verschwörungen gegen ihn ausheckten, wie es auch ein anderer Psalm andeutete, der aus demselben Prosopon gesprochen ist: Mich umkreisen viele Stiere, starke Ochsen haben mich umringt. Sie haben ihr Maul gegen mich aufgesperrt wie ein räuberischer, brüllender Löwe. Denn auch dort deutet er die Herrscher des Volkes an. Daher erinnert er auch speziell an ihr Maul , wegen der Verschwörungen gegen ihn und wegen des Zweifelns. Aber auch wie das gesamte Volk der Juden bei Pilatus gegen ihn seine Stimme erhob, berichten die Evangelien. Auch dies fügt er im 21. Psalm an, mit den Worten: Denn viele Hunde haben mich umzingelt, eine Versammlung von Übeltätern hat mich umringt. All dies nun passierte in der beschriebenen Stadt, weshalb in den vorliegenden Versen gesagt wurde: Versenke, Herr, und zerteile ihre Zungen. Dann fügt er an: Denn ich sah Gesetzlosigkeit und Anfeindung in der Stadt, Tag und Nacht wird er sie umkreisen und so weiter. Anstelle dessen übersetzt Symmachos in folgender Weise: Denn ich habe gesehen mächtige Ungerechtigkeit und Rechtsstreit in der Stadt, einen, der sie Tag und Nacht auf ihren Mauern umkreist, Schmerz und Leid in ihr, Schandtaten in ihr, untrennbar von ihren Straßen Schädigung und Nachstellung. Werke der Gesetzlosigkeit nämlich waren die Freveltaten gegen den Heiland und mächtig waren sie, weil wahrhaft eine Ungerechtigkeit . Dafür nämlich, dass ich liebte , sagt er, verleumdeten sie mich. Und sie haben mir Übel bereitet für die guten Dinge, und Hass für meine Liebe. Anfeindung aber war unter ihnen und Rechtsstreit , als viele falsche Zeugen gegen ihn aufstanden und weder Wahres noch Übereinstimmendes vorbrachten. Und dies geschah nicht allein während des Tages sondern auch während der Nacht . So nämlich hat Petrus nachts verleugnet. als Judas mit Fackeln und Laternen herankam. Und weiterhin war es auch Nacht, als sie ihn abführten zu Hannas und dann zu Kaiphas und dann mit Demütigungen aller Art kränkten. Als es aber Morgen wurde, banden sie ihn und brachten ihn hin und übergaben ihn Pilatus , und bewirken so das Zustandekommen seines Leidens. Das alles also sah der Prophet im Geiste voraus und erhob seine Stimme mit den Worten: Denn ich sah Gesetzlosigkeit und Anfeindung in der Stadt, einen, der sie Tag und Nacht umkreist, wie Symmachos übersetzt. Soweit zum Innern der Stadt ; um ihre Mauern jedoch sind Gesetzlosigkeit und Wehklagen oder nach Symmachos Schmerz und Leid . Dies aber bezeichnet, was außerhalb der Stadt passierte, als sie ihn herausbrachten und an den Ort führten, der Golgotha heißt . Das also, was außerhalb der Stadt geschah, war von solcher Art, wahrhaft voll von Schmerz und Leid . Und wiederum sagt er, ich habe gesehen, wie ihr Inneres voll es ist von Schandtaten, Schädigungen und Angriffen , und Ungerechtigkeit war in ihrer Mitte . Und es verschwand nicht aus ihren Straßen Wucher und Betrug. Anstelle dessen übersetzt Aquila Schuld und Nachstellung , Symmachos dagegen Schädigung und Nachstellung . Denn von allen Übeln erfüllt waren die, welche eine Verschwörung gegen unseren Heiland ausheckten. Denn wenn ein Feind mich geschmäht hätte, hätte ich es ertragen, und wenn der, der mich hasst, gegen mich geprahlt hätte, hätte ich mich versteckt vor ihm. Du aber, gleichgesinnter Mensch, mein Führer und mein Vertrauter. Der du zugleich mit mir die Speisen fett gemacht hast, im Haus G-ttes wandelten wir in Eintracht. Indem er auf sein eigenes Prosopon den Frevel an unserem Heiland bezieht, sagt der Prophet in angemessener Weise, dass er verwirrt würde und erfüllt von Todesangst . Denn vor allem ist die ganze Stadt erfüllt von Gesetzlosigkeit und Anfeindung , nicht nur tags sondern auch nachts . Und das Umfeld der Stadt vor ihren Mauern war voll von Gesetzlosigkeit , Schmerz und Leid . Ja wahrlich, sogar alle Seelen von ihnen erwiesen sich als voll von Schädigung und Angriff . Das Schlimmste jedoch von allen ist, dass einer der mir Gleichgesinnten , derer, die eng bekannt und vertraut mit mir sind, sich solcherart an mir vergeht, so dass es unerträglich ist und nicht mehr erträglich. Denn von Feinden und zwar welchen, die kein Hehl daraus machen, angefeindet und offen gehasst zu werden, möchte gerade noch erträglich sein. Dann ist man in der Lage, sich vor den Feinden zu schützen und sich vor ihnen zu verbergen, weil man die Schmähungen der Feinde als nichts ungewöhnliches ansehen wird. Wenn aber ein gleichgesinnter Freund, wenn einer, der bei mir der Ehre und des Vorzugs für würdig befunden wurde, wenn der Schüler, der den Tisch mit mir teilte, wenn der, der oft mit mir in das Haus Gottes ging, gemeinsam betete, die mystische Nahrung empfing und an den geheimen Reden über das Königreich in den Himmeln teilhatte, solches gegen mich tut, möchte dies wohl nicht mehr erträglich sein. Dies bespricht er im Anschluß nach dem zuvor Gesagten über die Freveltaten in der Stadt, nämlich nun konkret bezogen auf den Verräter Judas. Eben dies übersetzt Symmachos in folgender Weise: Denn nicht ein Feind verhöhnt mich, dass ich es ertragen würde. Und nicht wegen seines Hasses gegen mich hat er die Verdrängung gegen mich groß gemacht, dass ich mich vor ihm verstecken könnte. Sondern du, Mensch, von gleicher Art wie ich, mir nahestehend und vertraut. Die wir gemeinsam Rat hielten in süßer Gemeinschaft, im Haus Gottes wandelten wir und lebten zusammen.“ Der Tod komme über sie, sie mögen lebendig in den Hades hinabsteigen, denn Schlechtigkeiten sind in ihren Wohnungen in ihrer Mitte. Schon oft, und so auch im vorliegenden Vers, hat sich uns gezeigt, dass es die Eigenart der Heiligen Schrift ist, das Vorhergesagte nach Art einer Aufforderung vorzutragen. So wird also auch hier anstelle von: der Tod wird über sie kommen und sie werden lebendig in den Hades hinabsteigen , der vorliegende Vers als Aufforderung gesprochen. Damit kündigt der Heilige Geist an, was denen, welche die zuvor genannten Freveltaten verübten, passieren wird. Aquila dagegen übersetzt genauer mit den Worten: Er wird den Tod über sie bringen. Wer anders aber wird den Tod über sie bringen , als ihre Werke (genau diese nämlich wurden für sie zur Todesursache), oder aber der, der sie des Todes für würdig befunden hat, wegen ihrer gottlosen Taten? Mit dem Tod aber, der die Gottlosen ereilt, möchte wohl kaum der normale Tod gemeint sein. Denn dieser ereilt auch alle Gerechten gleichermaßen, die jedoch dann nach dem normalen Tod bei Gott leben, wie es der Heiland gelehrt hat mit den Worten: Der Gtt Abrahams, Isaaks und Jakobs ist kein Gott der Toten, sondern der Lebenden. Der Tod der Seelen jedoch wird etwa bei Ezechiel erklärt, der sagt: Die sündige Seele, die wird sterben. Weil nämlich die genannten sich selbst vom Leben abgetrennt haben (das Leben aber war unser Heiland, denn was in ihm geworden ist, war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen ), lieferten sie sich folgerichtig, indem sie sich von ihm abschnitten, dem Tod der Seele aus, und zwar nicht in der Weise, dass sie umkommen und verschwinden und ins Nichts gehen würde, sondern so, dass sie, weil sie lebendig ist und ein unsterbliches Wesen hat, im besagten Tod weilen muss. Daher ist gesagt: Und sie sollen lebendig in den Hades gehen. Denn mit den Worten: Der Tod komme über sie, beschreibt er nicht die Auflösung der Seelen, sondern die Trennung vom Leben bei Gott und die Ansiedlung im Hades . Würden sie etwa aus anderem Grund lebendig in den Hades hinabsteigen, als darum, weil sie bei vollem Bewusstsein sündigten, und obzwar sie vom Heiland wussten, dass er selbst Gottes Gesalbter bist , vorgaben, es nicht zu wissen? Daher sagt er ihnen voraus, dass auch sie in gleicher Weise wie die um Dathan und Abiram hinweggenommen und lebendig in den Hades hinabsteigen werden . Anstelle von Schlechtigkeiten sind in ihren Wohnungen in ihrer Mitte, übersetzt Symmachos: denn Schlechtigkeit ist in ihren Zusammenrottungen. Die Zusammenrottungen derer, die sich gegen den Heiland wandten, nämlich und die Versammlungen am selben Ort waren schlecht. Deshalb sagt auch Aquila: Denn Schlechtigkeit ist in ihrer Verschwörung. Weil sie also nicht zum Guten zusammenkamen, daher haben sie schlechte Verschwörungen und Zusammenrottungen abgehalten, und er sagt voraus, welches Ende sie dementsprechend nehmen werden.