(Psalmen) ohne Überschrift Die Psalmen, die mit nichts von allem überschrieben sind – ich meine natürlich weder mit Lied , noch mit Hymnus , noch mit Psalm , noch mit Melodie , noch mit Loblied , noch mit Gebet oder etwas dergleichen –, scheinen bestimmte nützliche Lehren zu enthalten sowie ermahnende und ermunternde Worte zur Annahme der Frömmigkeit. Ein solcher ist der zehnte, in dem es heißt: Ich vertraue auf den Herrn. Wie könnt ihr meiner Seele sagen? (Ps 10,1), und so weiter, und ähnlich der dreizehnte, der sagt: Es sprach ein Tor (Ps 13,1), und so weiter. Auch die übrigen führen auf ähnliche Weise bestimmte lehrhafte Reden voller Nützlichkeit an. Freilich wurden sie nicht unter Psalmen oder Hymnen oder Liedern eingereiht, weil sie nicht den gleichen Charakter wie die genannten (Gattungen) aufweisen, es sei denn, dass zwar auch sie aufgeschrieben wurden, um mit einem Psalterium oder nach Art eines Liedes oder wie einer der genannten vorgetragen zu werden, es dann aber nicht geschah, dass auch sie vorgetragen wurden, so dass sie zwar die gleiche Bedeutung wie die Psalmen, die Lieder und die Gebete haben, aber keine Überschrift tragen, weil sie nicht vorgetragen wurden. Oder vielleicht wurden die einen wegen des ersten Grundes, die anderen wegen des zweiten keiner Überschrift für wert gehalten. Denn der einundfünfzigste, der zu keiner der genannten (Gattungen) gehört, kündet von den Begebenheiten mit Doëk, wenn er sagt: Was rühmst du dich in Bosheit, Gewaltiger? (Ps 51,3), und so weiter, was wegen des finsteren Charakters nicht in der Art von Psalmen oder Liedern gesagt würde; wie auch nicht der zweiundfünfzigste, denn auch er enthält Betrübliches. Der vierundfünfzigste aber, dessen Anfang lautet: Höre, Gott, auf mein Gebet (Ps 54,2), enthält die Art eines Gebetes, und wenn der sechsundzwanzigste sagt: Der Herr ist mein Licht und mein Erlöser, wen sollte ich fürchten (Ps 26,1), und im weiteren hinzufügt: Ich will singen und spielen dem Herrn (Ps 26,6), unterscheidet er sich in nichts von einem Psalm oder einem Lied. Dennoch wurden sie keiner Überschrift für wert gehalten, wahrscheinlich aus dem zweiten Grund. Zu Ende sind die Hymnen Davids, des Sohnes von Jessai Der einundsiebzigste Psalm enthält am Ende der Prophezeiung Zu Ende sind die Hymnen Davids, des Sohnes von Jessai (Ps 71,20). Da manche angenommen haben, der Ausdruck bedeute das Ende der Hymnen von David, wird man anmerken, dass der Sinn des Hebräischen dies nicht anzeigt. Jedenfalls hat Aquila anstelle von Zu Ende sind die Hymnen Davids gesetzt Beendet sind die Gebete Davids , Symmachus aber Zu Ende gebracht sind die Gebete Davids und die Quinta Abgeschlossen sind die Gebete Davids . Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass das Gesagte mit dem übereinstimmt, was im Psalm über Christus prophezeit wird. Der Psalm ist nämlich überschrieben mit an Salomon (Ps 71,1). Sein Inhalt aber bezieht sich sowohl auf Salomon selbst als auch auf seinen Sohn, der aus seinem Samen entstehen wird. Deswegen heißt es: Gott, gib dein Urteil dem König und deine Gerechtigkeit dem Sohn des Königs (ebd.). Sodann werden darauf folgend einige prophetische Worte hinzugefügt über den Sohn des Königs, das heißt natürlich desjenigen, der aus dem Samen Salomons geboren werden wird, denn diese Worte können zu niemand anderem passen als nur zum Gesalbten Gottes. Denn die Aussage: Er wird herrschen von Meer zu Meer und vom Fluss bis zu den Enden des Erdkreises (Ps 71,8) und was dem ähnlich ist, lässt sich wohl nicht auf Salomon selbst beziehen, auch nicht auf Rhoboam, der seine Herrschaft übernommen hat (vgl. I Reg 11,43), und nicht auf einen anderen seiner Nachfolger, sondern nur auf unseren Erlöser. Da es nun auch dem David durch ein Gebet geschah, dass die Geburt des Gesalbten aus seinem Samen und was darüber prophezeit wird vollendet wurden, wozu die Aussagen im vorliegenden Psalm gehörten, wie es am Ende heißt: Und in ihm werden alle Heiden gesegnet werden (vgl. Ps 71,17), und wieder: Und von seiner Herrlichkeit wird die ganze Erde erfüllt werden (Ps 71,19), ist dem plausiblerweise nach Aquila der Satz hinzugefügt: Beendet sind die Gebete Davids , nach Symmachus aber der Satz: Zu Ende gebracht sind die Gebete Davids , nach der Quinta: Abgeschlossen sind die Gebete Davids . Die Gebete Davids wurden nämlich darin abgeschlossen, dass alle Heiden gesegnet werden durch die Erscheinung des Erlösers aller Heiden, die aus seinem Samen erfolgt ist.